Leadership in Gefahr – Unsicherheit und Orientierungslosigkeit sind ständige Begleiter in den Chefetagen

Zuverlässige Planung? Souveränes und vorausschauendes Handeln? In der aktuellen Situation ist dies reines Wunschdenken. Eine genaue und vorausschauende Planung ist zurzeit nicht möglich. Ich höre von vielen Kunden: „Wir können nur noch auf Sicht fahren.“ Der Krisenmodus ist zur Normalität geworden. Täglich erreichen uns Meldungen wie diese: Nur 20 % der Führungskräfte beurteilen ihre virtuellen Führungskräfte als gut. Und 86 % der High Potentials in Unternehmen sind erschöpft und ausgebrannt.

Doch entspricht das der Realität? Befinden wir uns in einer Krise? Und was bedeutet das – Krise? Sind es die sich im Wochentakt verändernden Rahmenbedingungen? Oder sind die sich ständig verändernden Gegebenheiten schon längst Alltag? Wie kann ich unter diesen Bedingungen vorausschauend planen?
Der Duden definiert Krise folgendermaßen: „Eine schwierige Lage, Situation, Zeit [die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt]; Schwierigkeit, kritische Situation; Zeit der Gefährdung, des Gefährdetseins.“

Die Krise ist also eine Situation, eine Zeit, die den Höhepunkt oder Wendepunkt einer Entwicklung darstellt. Was bedeutet das im Kontext von Leadership? Was passiert in einer Krise?
Wenn wir an das menschliche Gehirn denken, ist hinlänglich bekannt, was dort in einer Krise passiert. Schon der reine Gedanke an eine Krise reicht, um das System grundlegend zu verändern. Der Grund: Das Gehirn hat Schwierigkeiten zwischen der Realität, also physisch tatsächlich vorhandenen Gefahren und rein gedanklichen Gefahren zu unterscheiden. Das hat zur Folge, dass identische Prozesse ablaufen. Gleichgültig, ob eine Gefahr tatsächlich gegeben ist oder ob man nur darüber nachdenkt. Wir denken an eine Gefahr oder Krise und schon ist der Köper im Ausnahmezustand: Kampf oder Flucht. Alle nicht absolut lebensnotwendigen Funktionen werden runter gefahren. Der Blick verengt sich, der Fokus wird schmal.
Dieser Jahrtausende alte Mechanismus ist hervorragend und hat uns schon oft gerettet. Soweit so gut, denn ist nach der Schrecksekunde das Problem gelöst, geht der Köper automatisch in eine Erholungsphase. Alles entspannt sich.

Doch wenn der Ausnahmezustand zum Normalzustand wird, sind die Auswirkungen dieses Krisenmodus auf unser Denken und Handeln verheerend. Der normale Rhythmus von der Anspannung in die Entspannung ist gestört. Auf lange Sicht ist in diesem Zustand klares Denken nicht mehr möglich.

 

Bedeutung der Krise für Führung

Was bedeutet das jetzt für mich als Führungskraft? Lebe ich Führung, Leadership so weiter wie bisher? Nehme ich das Feedback aus dem System wahr oder verdränge ich es? Bin ich offen für die Anliegen der anderen? Kapsele ich mich ab und mache nur noch das Notwendigste, um durch die Krise durchzuschlüpfen? Bin ich noch im gleichen Maß wie früher handlungsfähig? Spiele ich Situationen herunter? Oder verschärfe ich sie sogar, um die Gelegenheit zu schaffen, als Krisenmanager herauszustechen? Welche Rolle spielt mein Ego? Wie stark lasse ich die Krise meinen Alltag bestimmen? Kann ich eine Perspektive schaffen und vermitteln? Lasse ich es zu, nur noch „auf Sicht zu fahren“ und dabei den langfristigen Kurs aus den Augen zu verlieren.

Was bedeuten diese Fragen für Sie als Führungskraft? Gar nichts, werden Sie vielleicht sagen. Andere mag das betreffen. Für sie kann das relevant sein, doch nicht für mich. Sie haben alles im Griff, oder? Mal ehrlich, so fremd ist der Gedanke nicht, oder?

Nicht alle genannten Punkte betreffen uns gleichermassen als Führungskräfte, aber einige schon. Und es sind sicher mehr, als wir uns eingestehen wollen. Aber, und das ist beruhigend zu wissen: Wir sind alle betroffen.

Wir sehen es meistens zuerst am Kollegen, er hat nachgelassen. Der Blick zum anderen beruhigt, denn wo der Kollege nachgelassen hat, sind wir noch immer „on top of things“. Oder lenken wir ab?

Als Führungskraft mit Weitblick sollte ich mir immer die Frage stellen: Wo sind meine Chancen, mich zu verbessern? Welche Defizite kann ich offenlegen und mir so selbst die Möglichkeit eröffnen, sie zu bearbeiten. Und was bedeutet es für mich, wenn ich Defizite offenlege?

Es geht darum, die Handlungsfähigkeit wiederherzustellen oder zu erweitern und die Kontrolle zu übernehmen: Mit Unvorhergesehenem ist zu rechnen, je länger die Krise andauert, umso mehr. Diesen Unsicherheiten aktiv zu begegnen, bedeutet, Optionen zu schaffen. Denken in Varianten. Immer einen Plan B zu haben. Fokus und Konzentration müssen wieder vermehrt auf den eigenen Aktionen liegen. Dann kehrt auch wieder Ruhe ein. Und mit der Ruhe kommt die Klarheit. Lösungsorientiertes Denken wird wieder möglich. Das Gleichgewicht ist wiederhergestellt und mit der Balance kehrt auch die Leistungsfähigkeit zurück. Wir gewinnen an Zuversicht und diese fördert wiederum Ruhe, Balance und klares Denken. Aufwärts-Spirale statt Teufelskreis.

Wie sieht es bei Ihnen aus? Befinden Sie sich im Krisenmodus? Und wie gelingt es Ihnen, wieder in die Aufwärts-Spirale zu kommen? Lassen Sie uns darüber sprechen.