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10 Tipps für perfekte E-Mails

Eigentlich schulde ich Ihnen die Fortsetzung unserer Serie “Effective Information Management for Empowering Leaders”. Aber ich habe heute eine dieser epischen E-Mails erhalten, die mich in eine dieser arbeitszeitraubenden Schlachten gezogen hätte, wäre mir das nicht vorher schon ein paar Mal passiert. Und hätte ich nicht mit der Härte und Disziplin eines Drill-Sergeants der Navy Seals ein erfolgreiches Verhalten konditioniert. Als ich das meiner Frau erzählt habe, meinte sie: “Das wäre doch was für den Blog.”. Und da jeder erfahrene Mann den weisen Ratschlägen seiner Frau folgt, tue ich das und teile die Früchte meiner harten Konditionierung gerne mit Ihnen. Doch ich muss Sie warnen: die Altersfreigabe für diesen Blog ist 50 und die Sprache nicht an allen Stellen jugendfrei. Dieser Blog enthält natürlich auch eine Prise Sarkasmus und Ironie. Wir müssen uns bewusst sein: wir alle sind des beschriebenen Verhaltens schuldig. Bei Zweifeln, ob Sie mit diesen harten Fakten klarkommen, lesen Sie diesen Beitrag nicht und fragen Sie Ihren Coach oder Mentor, in welcher Dosierung diese das Lesen empfehlen würden oder springen Sie direkt zum Fazit. Allen anderen wünsche ich viel Spaß beim Lesen und eine gute Diskussion im Anschluss.

Das Problem, welches es zu lösen gilt:

Das heutige Thema nach dieser monströsen Einleitung ist ganz profan: wie schreibe ich –  generell aber speziell in angespannten Situationen – effiziente, zeitsparende E-Mails. Sie mögen mir verzeihen, denn heute muss ich ein bisschen ausholen, bevor wir zum Thema kommen – wir brauchen etwas Kontext. Das beschriebene Verhalten, welches der schlechten Kommunikation zu Grunde liegt, ist vermehrt im Habitat der Großkonzerne zu beobachten, obwohl es überall vorkommt. In großen Firmen geht es zu wie im richtigen Leben – sie sind quasi der Mikrokosmos der Menschheit. Der darwinistische Überlebenskampf in Reinform. Die guten Plätze sind rar und selbst wenn Du morgens um 6:00 Uhr ankommst, liegen da schon die Handtücher der anderen. Keine Chance! Es ist ein Verdrängungsspiel; Stuhlpolonaise für die Großen. Doch wer nicht gerne früh aufsteht oder raffinierter ist, bedient sich anderer, subtilerer Methoden, um den Platz an der Sonne zu erhaschen: E-Mail-Schlachten. Es werden Fallen gestellt, subtile Anschuldigungen gemacht, die Fehler der anderen ans Tageslicht gezerrt, auch wenn man den Kollegen mit einer einfachen Geste die Kohlen aus dem Feuer hätte holen können.

In diesem Umfeld gedeiht die egozentrische Attitüde der Dauerwachsamkeit, Rechtfertigung und Verteidigung auf Vorrat. Lieber erst einmal schießen. Zuhören erst, wenn das Gegenüber vom Angriff verletzt ist und die Wunden leckt. So kann es nicht mehr richtig argumentieren. Das nenne ich vornehm die «CMA-Haltung» - Cover My Ass …

Man verzeihe die ungebührliche Sprache, aber Sie hätten ja sowieso gefragt und so habe ich vorsorglich geantwortet. Erkennen Sie das Schema? Die Waffe der Wahl dieser Strategie ist die unverfängliche E-Mail. An dieser Stelle helfen die 10 Regeln für perfekte E-Mails.

 

Regel Nummer 1: Anruf genügt.

Wieso Anruf … wir sind doch bei E-Mails … Weil alles, was sich telefonisch regeln lässt, telefonisch zu regeln ist. Nicht per E-Mail. Die Frage stellt sich also im Grundsatz: warum schreibe ich überhaupt eine E-Mail? Betreibe ich gerade CMA? Ist es mein Ego? Brauche ich eine Rechtfertigung? Habe ich Angst vor der Auseinandersetzung? Oder mag ich jetzt einfach nicht mit dem anderen diskutieren? Will ich die Beweiskette für später schriftlich festhalten? Seien wir einfach ehrlich mit uns selbst. In angespannten Situationen rutschen wir oft unbewusst in die Rechtfertigung. Doch Rechtfertigung ist immer die schlechteste Lösung. Sie enthält implizit ein Eingeständnis. Die Rechtfertigung lenkt die Diskussion vom Sachverhalt auf die Schuldfrage, was niemandem dient. Die Situation ist nun mal, wie sie ist und bevor die Schuldfrage mit moralischen Ansprüchen geklärt wird, sollte eine Lösung her. Dafür ist Kommunikation notwendig. Direkt, klar, schnell, einfach und fakten- und lösungsorientiert.

Was kann ich also tun, damit der Empfänger der Nachricht seinen Job am einfachsten machen kann? Ist E-Mail wirklich immer die beste Lösung, wenn wir ein Problem haben? Scheue ich die Auseinandersetzung, weil der andere Recht hat oder ich nicht genügend vorbereitet bin? Die Faustregel gilt: Wenn Du mit einem 1-Minuten-Anruf den Sachverhalt klären kannst – TU ES!

 

Regel Nummer 2: Ein Thema pro E-Mail – keine Rundumschläge.

Wir haben festgestellt: die E-Mail ist unerlässlich, also schreiben wir diese, aber bitte mit System. Verzweigt sich das Thema im Laufe der Kommunikation, wird für das neue Thema eine neue E-Mail verfasst. Warum? Um das spätere Suchen, die Nachvollziehbarkeit, die Diskussion und die Arbeit am Thema zu erleichtern. Um zu verhindern, dass ich in einer Schlangenmail Fakten zusammensuchen muss und nicht mehr weiß, wo ich sie finde, weil sie in einer E-Mail, die eigentlich ein anderes Thema behandelt, gut verborgen sind. Das verschwendet meine Zeit. Und kostet Nerven.

 

Regel Nummer 3: Der «sprechende Betreff».

Systeme erleichtern die Arbeit. Es ist einfach und bedarf einer Vereinbarung und etwas Disziplin, eine Syntax für den Betreff zu verwenden. Nein, ich übertreibe nicht, es hat sich bewährt. Es ist der «sprechende Betreff»:

«Projekt: Themenbereich - Sachverhalt Detail (Frage, Bescheid, Bedürfnis, etc.)».

Damit sind die Nachrichten bereits in der Inbox sortiert und treffsicher durchsuchbar. Nach kurzer Zeit haben sich alle im Team daran gewöhnt und die Syntax wird zur Norm. Diese einfache Vorgehensweise vereinfacht Suchen, Lesen und Beantworten von E-Mailnachrichten gewaltig. Vor allem eliminiert es diese sinnlosen Betreffzeilen «AW: AW: AW: AW: AW: altes Thema», bei denen niemand mehr weiß, worum es im Ursprung ging und der Inhalt längst ein anderes Thema betrifft.

 

Regel Nummer 4: Minimalste Verteilerliste.

Hier würden staatliche Kontaktbeschränkungen helfen. Schränken Sie den Empfängerkreis ein und verhindern Sie die CC-Schlachten. CMA lässt grüssen … Anstatt Gott und die Welt und das ganze Management auf den Verteiler zu setzen, schränken Sie den Empfängerkreis auf das Allernötigste ein. Die Frage ist: Wer muss unmittelbar jetzt wissen, was in dieser E-Mail steht? Nicht: Wen könnte das sonst noch interessieren. CMA-Verhalten hat übrigens noch keinem das Leben gerettet.

 

Regel Nummer 5: Klare Struktur – Querlesen ermöglichen.

Wichtig ist, eine E-Mail in Absätzen zu strukturieren; keine Schlangen-Spaghetti-Texte. In wenigen Worten, also präzise schreiben und nicht frisch von der Leber daher plappern. Vom Grossen ins Kleine, damit jene, welche nicht direkt involviert sind rasch verstehen, worum es geht und was von ihnen verlangt ist.

  • Worum geht es! High-Level, Metaebene, Kontext.
  • Was ist im Detail der Sachverhalt, das Thema!
  • Was ist genau das Problem!
  • Welche Lösungen, Erläuterungen und Empfehlung habe ich!
  • Was erwarte ich von wem bis wann!

Das Ziel ist, dass die Empfänger, speziell die höheren Führungsstufen, diese Nachricht querlesen können und sich sofort zurechtfinden. DIN A4-Seiten-E-Mails nerven schon beim bloßen Anblick.

 

Regel Nummer 6: Diskussionen finden live statt und nicht schriftlich.

Startet jemand eine E-Mail-Schlacht, ein munteres Frage-und-Antwort-Ping-Pong, landet eine dezente Anschuldigung oder irgendwelche polemischen Drama-Queen-Stories, heißt die Devise: Abklemmen! Telefon in die Hand, Stellungnahme, nächste Schritte vereinbaren, fertig.

 

Regel Nummer 7: Keine lyrischen Ergüsse – die sind für Liebesbriefe.

Eine E-Mail ist immer kurz, knapp und präzise. Das kostet manchmal Zeit. Aber eben nur die Schreiberin und nicht die halbe Firma. In Ausnahmefällen sogar substantiell, bis alles in sich geschlossen knapp, klar und verständlich formuliert ist. Ein Extrembeispiel (Sie wissen mittlerweile, dass ich gerne etwas übertreibe, um den Sachverhalt klarzumachen): es ist durchaus OK, wenn das Schreiben einer wichtigen und schwierigen E-Mail den halben Tag einer Person in Anspruch nimmt und dafür ein Team von 15 Personen sofort und in hoher Qualität Resultate erarbeiten kann.

Sie sind nicht einverstanden? 4 Stunden für eine E-Mail? Da frage ich: Ist es effizienter, eine 4-Stunden-Sitzung mit 15 Personen abzuhalten? Ist es schneller, eine endlose Frage-Antwort-Schlacht per E-Mail zu veranstalten? Ist es besser, eine Woche später halbfertige, nicht abgestimmte Arbeiten am Ziel vorbei zu erhalten, die viel Korrekturaufwand benötigen? Sie entscheiden selbst. Meine Meinung: 1 Person, mehr Zeit, kurz, knapp, klar und präzise ist die Gewinnerstrategie. Lyrische Ergüsse sind für romantische Liebesbriefe.

Tipp: Versuchen Sie mal einen Monat lang, jede E-Mail mit so wenig Worten wie möglich zu schreiben! Sie werden überrascht sein.

 

Regel Nummer 8: Keine Polemik – Polemik gehört an den Stammtisch.

Die folgende Medizin kann Ihre Nerven beruhigen. Ausgangslage: Ich erhalte eine dieser verdrehten, beschuldigenden, umschweifenden, komplizierten, fingerzeigenden E-Mails, die auch noch an die gesamte Chefetage ging. Na bravo! Der Puls steigt. Ich lasse alles stehen und liegen und haue sofort in die Tasten. Doch halt – wie wäre es, einfach nicht zu antworten, nichts zu tun und abzuwarten, was passiert? Wenn es wichtig ist, wird das Thema mit Sicherheit aufgenommen werden und wenn nicht, dann eben nicht.

«Jaaaaaa, aber ich will trotzdem schreiben …» Ok, aber ich warne Sie: Der Leser Ihrer Antwort wird vermutlich nicht ausgewogen, tolerant, nett und verständnisvoll auf eine aufgebrachte Kommunikation reagieren. Nein, er wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Kommunikation etwas negativer verstehen als sie gemeint ist, weil auch der Empfänger CMA machen muss und ihn die mittelfristige Permanenz der Schriftlichkeit zur Rechtfertigung zwingt.

«Aber ich will immer noch schreiben. Ich kann es so nicht auf mir sitzen lassen.» Wenn es Ihnen wie mir in diesem Fall geht und Sie immer noch partout schreiben müssen, weil es das eigene Nervenkostüm zur Beruhigung verlangt, dann schreiben Sie eben eine Antwort. Aber: lesen Sie vorher die folgende Packungsbeilage und befolgen Sie diese ganz genau, sonst brauchen Sie in der Folge vielleicht einen Arzt oder Apotheker:

 

  1. «Reply» drücken. Sind Sie noch bei mir? Jetzt kommt der wichtigste Schritt:
  2. SOFORT DEN EMPFÄNGER LÖSCHEN und die E-Mail speichern, bevor das erste Wort geschrieben ist. Damit ist die Sicherung in den Entwürfen garantiert.
  3. Antwort genau so schreiben, wie sie in den Sinn kommt.
  4. Der Versuchung widerstehen, den Empfänger wieder einzufügen. Nachricht speichern und NICHT ABSCHICKEN. Eine Nacht darüber schlafen.
  5. Am nächsten Tag Empfänger anrufen, Sachverhalt im Dialog klären. Dazu mehr Fragen stellen, als selbst Statements zu machen. Wenig sprechen, viel zuhören, Notizen machen. Über das Gesagte reflektieren. Eine Nacht darüber schlafen.
  6. Am nächsten Tag oder sobald die Sinne wieder klar sind: Entwurf hervornehmen, bei dem Geschriebenen erschrecken, Dankbarkeit dafür empfinden, dass die Nachricht in dieser Form nicht verschickt wurde.
  7. Polemik durch Sachlichkeit ersetzen, Schuldzuweisungen – ja, auch die versteckten «wir hätten, wenn» - durch konkrete Lösungsansätze ersetzen. Weitere Versachlichung durch Neutralisierung: Alle Namen raus. «Der Leiter der Abteilung XY» gilt nicht als neutral. Kaffee trinken.
  8. Sachlichkeit durch minimal notwendige Sachlichkeit, also reine Fakten, ersetzen. Reine Fakten sind solche, die auch die Gegenseite anerkennt.
  9. Von neutraler Person lesen und prüfen lassen.
  10. Versenden und Zufriedenheit und Stolz über die eigene Souveränität empfinden. Durchatmen, PC ausschalten und eine Pause einlegen. Weiterarbeiten.

 

Regel Nummer 9: Klare Anweisungen.

Wer braucht was von wem, in welchem Detaillierungsgrad, in welchem Reifegrad, in welchem Format bis wann und auf welchem Kanal. Das funktioniert übrigens auch an die Adresse der Vorgesetzten. Sie werden Ihnen danken. Die E-Mail kann sogar – wenn nötig und möglich – mit Höflichkeitsfloskeln verziert sein. Ich finde, das muss nicht sein und bevorzuge im Team die Knappheit. Die Komplimente hebe ich mir für die live Konversation beim Kaffee auf. Hier zwei Beispiele:

  1. Lieber Empfänger 1, ich benötige von Ihnen einen ersten Entwurf des Leitbildes bis Freitag 12:00h. Ein Word-Dokument per E-Mail genügt. Ich freue mich auf Ihren Input.
  2. Lieber Empfänger 2, bitte erstellen Sie die finale und geprüfte Version der Kalkulation mit allen Ergänzungen bis nächsten Mittwoch. Eine kurze Bestätigungsmail mit dem Link zu der Datei sagt mir, wann ich die Arbeit am Thema fortsetzen kann. Vielen Dank.

 

Regel Nummer 10: Zusatzinformationen.

Die Zusatzinformationen sind für den Empfängeraufbereitet in der E-Mail zu finden. Das betrifft vor allem die Anlagen. In Teams werden Links statt Dokumente verschickt, um die Aktualität der Inhalte zu gewährleisten. Und bitte die Links vor dem Versand prüfen! Keine PDFs, wenn Input verlangt ist. Keine 5 Anlagen, wenn ein Abschnitt, aus einem Dokument kopiert, mit etwas Zusatzinfo genügt. Nicht, «Lesen Sie selbst!» mit 5 Anlagen, die die Empfängerin suchen und öffnen muss, bis sie endlich ein vollständiges Bild hat und weiß, was zu tun ist. Wieder die Effizienz: eine Person hat etwas mehr Aufwand, damit alle anderen schneller sind.

 

Fazit:

Die versprochene Zusammenfassung für die Vielbeschäftigten:

  1. Anruf statt E-Mail.
  2. 1 Thema = 1 E-Mail.
  3. Sprechenden Betreff.
  4. Minimalste Verteilerliste.
  5. Klare Struktur.
  6. Keine Diskussionen.
  7. Keine lyrischen Ergüsse.
  8. Keine Polemik.
  9. Klare Anweisungen.
  10. Zusatzinformationen empfängergerecht aufbereitet.

In der nächsten Folge schließen wir die Miniserie mit einem Beitrag zur Sitzungsleitung ab.

Zum Schluss wie immer einige Fragen an die Leserschaft: Kennen Sie CMA? Wie haben Sie es erlebt? Wie hat es sich auf Ihren Arbeitsalltag ausgewirkt? Wie gehen Sie damit um? Geben Sie Ihrem Team Leitlinien für die E-Mail-Kommunikation? Welche zusätzlichen Tipps können Sie mit uns teilen? Vielen Dank für Ihren Beitrag. Ich freue mich auf die Diskussion.